Sättigungsvorgänge beim Tauchen, das Modell ZH-L16,
Funktionsweise von Tauchcomputern

von Kai Schröder und Steffen Reith

Stand: 13.08.2005

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Die nachfolgenden Erläuterungen und Beispiele sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt worden. Dennoch können wir nicht dafür garantieren, daß nicht doch noch Fehler darin enthalten sind. Deshalb würden wir uns sehr freuen, wenn Ihr uns darauf aufmerksam machtet, damit wir sie beheben können ! Insbesondere weisen wir darauf hin, daß die mit dem Tauchsimulations-Programm TAUSIM berechneten Beispiel-TGs nur der Anschauung dienen. TAUSIM ist nicht dafür konzipiert worden, um damit reale Tauchgänge zu planen !

Gliederung

1  Ein paar Erläuterungen vorne weg
2  Auf- / Entsättigung der Gewebe
3  Das Modell ZH-L16
4  Kurze Bemerkung zu Dekompressionstabellen
5  Fliegen nach dem Tauchen
6  Die Grenzen des Modells
7  Verwendung von Nitrox als Atemgas anstelle von Luft
    7.1  Maximale Tauchtiefe (MOD - maximum operation depth)
    7.2  Optimaler Sauerstoff-Anteil im Atemgasgmisch (Best Mix)
    7.3  Äquivalente Lufttiefe (EAD - equivalent air depth)
8  Funktionsweise von Tauchcomputern - Ein algorithmischer Streifzug
    8.1  Ein Überblick
    8.2  Berechnung der Inertgasgehalte
    8.3  Bestimmung des maximal tolerierten Überdrucks
9  Kleine Bemerkung zur Luftverbrauchs-Berechnung
10  Einige Schlußbemerkungen
11  Literatur, Links


1.  Ein paar Erläuterungen vorne weg

Luft besteht aus ca. 21 Volumen-Prozent Sauerstoff (O2), 78 Vol.-% Stickstoff (N2), sowie sehr geringen weiteren Anteilen von Kohlenmonoxid (CO), Kohlendioxid (CO2), verschiedenen Stickoxiden und Edelgasen (Helium, Neon, Argon). Alle diese Bestandteile der Luft außer dem O2 sind sehr reaktionsträge - gehen also praktisch keine chemische Reaktion mit anderen Molekülen ein - und werden deshalb unter dem Begriff ,,Inertgase`` zusammengefaßt. Wenn im folgenden von N2 die Rede ist, müßte streng genommen immer von den ,,Inertgasen`` gesprochen werden. Da die restlichen Bestandteile (CO, CO2, Stickoxide, Edelgase) aber in so geringer Menge in der Luft enthalten sind, spielen sie keine praktische Rolle. Deshalb wird in den Sättigungsrechnungen immer vereinfacht von 79 Vol.-% N2 ausgegangen.

Wenn nicht mit Preßluft sondern mit einem anderen Gasgemisch als Atemgas getaucht wird, das zusätzlich Helium enthält, z.B. mit Trimix (O2, N2, Helium) oder Heliox (O2, Helium), muß das Helium natürlich in der Rechnung berücksichtigt werden !

Der schweizer Mediziner Albert A. Bühlmann hat das Modell ZH-L16 zur Berechnung der Sättigungsvorgänge im menschlichen Körper entwickelt, welches in seinem Buch ,,Tauchmedizin``, - Barotrauma, Gasembolie, Dekompression, Dekompressionskrankheit, Dekompressionscomputer -, Springer Verlag, (mittlerweile in der vierten, überarbeiteten und erweiterten Auflage 1995 erschienen), beschrieben ist. Im Gegensatz zu den dort berücksichtigten 16 Kompartimenten werden im neueren Modell ZH-L8ADT nur 8 Kompartimente einbezogen, dafür aber der Einfluß der Temperatur und der Arbeit (Atemfrequenz) unter Wasser berücksichtigt sowie die Mikrogasblasenentstehung. Mittlerweile wird in allen Aladin-Tauchcomputern der Firma Uwatec das Modell ZH-L8ADT eingesetzt. Leider wird das Modell ZH-L8ADT in der neuesten Ausgabe der ,,Tauchmedizin`` nur äußerst oberflächlich beschrieben und es werden gar keine quantitativen Angaben zu Parametern gemacht ! :-( Dieser Trend ist bei allen uns bekannten Herstellern von Tauchcomputern zu beobachten. Aus Sicherheitsgründen wäre es wünschenswert, daß die Hersteller ihre Methoden und Parameter veröffentlichten, um der Allgemeinheit eine Verifikation und Diskussion zu ermöglichen.



2.  Auf- / Entsättigung der Gewebe

Gehen wir nun zunächst davon aus, daß wir uns schon seit einigen Tagen auf Meereshöhe aufhalten - sagen wir einfach in Norditalien. :-) Die verschiedenen Gewebe unseres Körpers sind dann entsprechend dem Luftdruck von 1 bar (auf ein paar Millibar mehr oder weniger kommt es hier nicht an) gesättigt, d.h., N2-Aufnahme und N2-Abgabe halten sich die Waage. Wenn wir nun tauchen, steigt der Umgebungsdruck - im Verhältnis zu der Luftdruckzunahme, der wir ausgesetzt sind, wenn wir z.B. von einem Berg ins Tal absteigen - stark an (um 1 bar pro 10 m zum einfachen Rechnen).

Sobald wir nun untertauchen sind unsere Gewebe bzgl. N2 zunächst einmal untersättigt. Da wir die Atemluft mit Umgebungsdruck bekommen, besteht ein Partialdruckunterschied zwischen dem N2-Anteil in der Luft in unserer Lunge und dem N2-Anteil in unseren Geweben. So wird nun mehr N2 vom Blut aufgenommen und zu den Geweben transportiert als umgekehrt von den Geweben an das Blut abgegeben und in den Venen zur Lunge zurück transportiert wird. Die Gewebe sättigen sich durch diesen Vorgang auf. Je stärker ein Gewebe durchblutet ist, desto schneller passiert dies auch.

Die Inertgase werden im Blut und den Geweben physikalisch gelöst. Die Menge ist bei gegebenem Druck temperaturabhängig, wobei die Löslichkeit mit fallender Temperatur zunimmt. N2 ist in Fett besser löslich als in Wasser und Blut.

Der Körperkreislauf ist in mehrere Parallelkreisläufe aufgeteilt. Die Durchblutung der verschiedenen Gewebe bzw. Organe ist bezogen auf ihr Gewicht sehr unterschiedlich und variiert zusätzlich mit dem Funktionszustand. Die Durchblutungsraten von Gehirn, Rückenmark, Nieren und Leber sind konstant und ändern sich praktisch nicht durch Muskelarbeit. Allerdings nimmt die Duchblutungsrate bei den arbeitenden Muskeln durch Erweiterung der Gefäße stark zu (und damit auch die N2-Aufnahme). Parallel dazu steigt die Durchblutung der Haut und des darunterliegenden Fettgewebes, um die entstehende Wärme besser ableiten zu können. Da Wasser eine wesentlich höhere Wärmeleitfähigkeit als Luft besitzt, spielt letzteres allerdings beim Tauchen kaum eine Rolle. Es kann sogar passieren, daß die Durchblutung der Haut unter Wasser trotz Arbeit geringer ist als an Land bei hoher Lufttemperatur.

Wenn wir nun genügend lange in der Tiefe bleiben könnten/würden, wären schließlich alle Gewebe entsprechend dem Umgebungsdruck gesättigt (z.B. Sättigungstauchen im Offshore-Bereich).

Wenn wir jetzt auftauchen, kehren sich die Verhältnisse um: der Umgebungsdruck verringert sich und unsere Gewebe sind nun übersaettigt mit N2. Die Folge ist, daß das N2 wieder abgegeben wird (weil der N2-Partialdruck in der Lunge jetzt niedriger als in den Geweben ist) und vom Blut jetzt in Richtung Lunge transportiert wird. Wenn wir vorschriftsmässig aufgetaucht sind und uns genügend lange an der Oberfläche aufgehalten haben, werden unsere Gewebe auch wieder entsättigt sein.

Probleme gibt es, wenn zu schnell aufgetaucht wird und das N2 nicht genügend schnell abtransportiert werden kann. Dann können neben den ganz feinen Mikrogasblasen (die praktisch immer entstehen) auch größere Blasen entstehen, die sich in den Gelenken festsetzen oder die Adern verstopfen oder z.B. im Rückenmark Druck auf Nerven ausüben können. Dann kommt es zu den bekannten Symptomen der Dekompressionskrankheit.

Der Vorgang der Aufsättigung bzw. Entsättigung während eines Tauchgangs soll anhand eines Beispiels, gerechnet mit dem Programm TAUSIM , veranschaulicht werden.



3.  Das Modell ZH-L16

Der schweizer Mediziner Albert A. Bühlmann hat nun in vielen Versuchen mit Probanden in der Druckkammer ermittelt, welchen Überdruck die einzelnen Gewebe (Kompartimente) vertragen, ohne daß es zu Schäden kommt. Diesen Zusammenhang drückt er mit folgender Gleichung aus:

pamb. tol. = (pt. i.g. - a) ·b
(1)

beziehungsweise

pt. tol. i.g. = (pamb / b) + a
(2)

pamb. tol. - vom Gewebe noch tolerierter Umgebungsdruck
pt. i.g. - Inertgasdruck im Gewebe
pt. tol. i.g. - noch tolerierter Inertgas(über)druck im Gewebe
pamb - momentaner Umgebungsdruck
a, b - Parameter des Modells ZH-L16 für jedes Gewebe

a hängt von der verwendeten Druckeinheit ab, während b dimensionslos ist und die Steilheit der Beziehung zwischen dem Umgebungsdruck pamb. und dem Inertgasdruck im Gewebe pt. i.g. bestimmt. Die obere Gleichung gibt also an, welcher niedrigere Umgebungsdruck pamb. tol. beim aktuellen Inertgasdruck pt. i.g. gerade noch toleriert wird. Umgeformt (untere Gleichung) erhält man den beim aktuellen Umgebungsdruck pamb noch tolerierten Inertgasüberdruck pt. tol. i.g. für das jeweilige Gewebe.

Wie schnell Auf- bzw. Entsättigung der verschiedenen Kompartimente vonstatten gehen hängt davon ab, welcher Unterschied im Inertgasdruck in der Lunge und im Gewebe herrscht. Nach Bühlmann kann die Aufsättigung bzw. Entsättigung der verschiedenen Kompartimente nach der folgenden Gleichung berechnet werden:

pt. i.g. (tE) = pt. i.g. (t0) + [pI i.g. - pt. i.g. (t0)] ·[1 - 2-tE / t1/2]
(3)

pt. i.g. (t0) - Inertgasdruck im Gewebe zu Beginn der Exposition
pt. i.g. (tE) - Inertgasdruck im Gewebe am Ende der Exposition
pI i.g. - Inertgasdruck im Atemgas
tE - Expositionszeit in Minuten
t1/2 - Halbwertszeit in Minuten

Gleichung (3) gilt nur für konstanten Druck, also wenn die ganze Zeit auf gleicher Tiefe verweilt wird. In der Praxis wird dies nur in den seltensten Fällen zutreffen. Für den Normalfall eines Tauchgang-Profiles mit vielen Tiefenwechseln ist es dennoch möglich die Auf- oder Entsättigung zu berechnen, indem das Profil in viele kleine Stücke ,,zerhackt`` wird und jedes dieser Stücke dann als Verweilzeit auf einer einzigen Tiefe betrachtet wird.

Eine elegantere Lösung des obigen Falles stellt Gleichung (4) von Schreiner dar. Hier wird davon ausgegangen, daß Auf- und Abstieg mit konstanter Geschwindigkeit erfolgen:

pt. i.g. (tE) = pI i.g. + r(tE - 1/k) - [pI i.g. - pt. i.g. (t0) - r/k] · e-k · tE
(4)

pt. i.g. (t0) - Inertgasdruck im Gewebe zu Beginn der Exposition
pt. i.g. (tE) - Inertgasdruck im Gewebe am Ende der Exposition
pI i.g. - Inertgasdruck im Atemgas
tE - Expositionszeit in Minuten
k - Halbwertszeit-Konstante in Minuten (ln 2 / t1/2)
r - Änderung des Drucks des eingeatmeten Gases mit der Änderung des Umgebungsdrucks (Ab-/Aufstiegsgeschwindigkeit multipliziert mit dem Inertgasanteil)

Für r = 0 geht die Schreiner-Gleichung in die Gleichung (3) über. (3) ist letztlich also ein Spezialfall von (4).

Gleichung (3) kann dahingehend umgeformt werden, daß die Nullzeit direkt berechnet werden kann (wobei vorausgesetzt wird, daß nach Ablauf der so berechneten Nullzeit sprunghaft von jetzt auf gleich zur Oberfläche aufgetaucht wird) :

Nullzeit = -t1/2 ·log2 [ pI i.g. - pt.tol. i.g. (tE)
pI i.g. - pt. i.g. (t0)
]
(5)

pt.tol. i.g. (tE) - maximal tolerierter Inertgasüberdruck des Leitgewebes an der Oberfläche

Die Nullzeit ist die Zeit, die man in der Tiefe bleiben kann, ohne beim Aufstieg dekomprimieren zu müssen. Die Gewebe dürfen sich also nur soweit in der Tiefe aufgesättigt haben, daß bei einem sprunghaften Aufstieg zur Oberfläche der dort maximal tolerierte Inertgasüberdruck vom Führungsgewebe nicht überschritten wird.

Führungs- oder Leitgewebe : das Gewebe, das zum aktuellen Zeitpunkt den niedrigsten Umgebungsdruck symptomlos aushält. Die anderen Kompartimente (Gewebe) könnten noch weiter ,,auftauchen`` ohne Symptome der Dekompressionskrankheit zu zeigen. Jedoch ist beim Führungsgewebe bei einer weiteren Senkung des Umgebungsdrucks mit dem Auftreten von Symptomen der Dekompressionskrankheit zu rechnen.


Die Aufsättigung bzw. Entsättigung läuft also exponentiell ab. Das Maß dafür ist die sogenannte Halbwertszeit. Sie gibt an, nach welcher Zeit der Wert einer Größe - in unserem Fall der Sättigungsgrad - auf die Hälfte des ursprünglichen Wertes zurückgegangen ist bzw. sich verdoppelt hat.

Für das Modell ZH-L16 gilt, daß die Durchblutungsrate eines Gewebes (Kompartimentes) die Halbwertszeit bestimmt. Die Löslichkeit von N2 und die Durchblutungsrate bestimmen wiederum den vom Kompartiment symptomlos tolerierten Inertgasüberdruck.

Die Kompartimente mit kurzen Halbwertszeiten tolerieren einen höheren Inertgasüberdruck als die ,,langsamen`` Kompartimente.


Die Zuordnung der Kompartimente (Gewebe) im Modell ist folgendermaßen:

Nr. 1 - 4

schnelle Gewebe: ZNS, Rückenmark

Nr. 5 - 11

repräsentieren die Haut (überlappen sich)

Nr. 9 - 12

repräsentieren die Muskulatur (überlappen sich)

Nr. 13 - 16

langsame Gewebe: Gelenke mit Bändern, Knorpel und Knochen (überlappen sich)

(,,überlappen sich`` bedeutet hierbei, daß z.B. das langsamste Gewebe, das die Haut repräsentiert, eine längere Halbwertszeit besitzt als das schnellste Muskel-Gewebe.)


Kompartiment t1/2 N2 [min] b a (theoretisch) a (Tabelle) a (Computer)
1 4,0 0,5050 1,2599 1,2599 1,2599
2 8,0 0,6514 1,0000 1,0000 1,0000
3 12,5 0,7222 0,8618 0,8618 0,8618
4 18,5 0,7825 0,7562 0,7562 0,7562
5 27,0 0,8126 0,6667 0,6667 0,6200
6 38,3 0,8434 0,5933 0,5600 0,5043
7 54,3 0,8693 0,5282 0,4947 0,4410
8 77,0 0,8910 0,4701 0,4500 0,4000
9 109,0 0,9092 0,4187 0,4187 0,3750
10 146,0 0,9222 0,3798 0,3798 0,3500
11 187,0 0,9319 0,3497 0,3497 0,3295
12 239,0 0,9403 0,3223 0,3223 0,3065
13 305,0 0,9477 0,2971 0,2850 0,2835
14 390,0 0,9544 0,2737 0,2737 0,2610
15 498,0 0,9602 0,2523 0,2523 0,2480
16 635,0 0,9653 0,2327 0,2327 0,2327
Die Koeffizienten des Modells ZH-L16 für N2

(In Austauchtabellen werden Sicherheitszuschläge für Zeit, Tiefe und N2-Anfangs-Partialdruck berücksichtigt, Tauchcomputer rechnen mit dem realen Druck und haben das reale Tauchgangs-Profil zur Verfügung. Deshalb gibt Bühlmann für den Parameter a zwei Modifikationen zusätzlich zum ,,theoretischen`` Modell an.)

Bei längeren Tauchgängen mit hoher Aufsättigung der Gewebe wird das Dekompressionsprofil immer von dem Kompartiment mit der längsten Halbwertszeit bestimmt. Bei einer teilweisen Sättigung verschiebt sich der noch tolerierte Inertgasüberdruck von Geweben mit kürzerer Halbwertszeit zu denen mit längerer. Je mehr Kompartimente ein Modell berücksichtigt, desto genauer kann die erforderliche Dekompression berechnet werden (und umso kürzer können die einzelnen Dekostopps somit ausfallen). Das Gewebe, das bestimmt, welcher Inertgasüberdruck momentan noch tolerabel ist, wird als ,,Leit-`` oder ,,Führungsgewebe`` bezeichnet.

Den Idealfall stellt eine kontinuierliche Dekompression dar. Dabei wird nicht jeweils eine bestimmte Zeit auf definierten Tiefenstufen (z.B. 9m, 6m, 3m) verbracht, sondern kontinuierlich entsprechend des gerade noch tolerierten Inertgasüberdrucks des jeweiligen Leitgewebes aufgetaucht. Dies ist in der Praxis aber so gut wie unmöglich, so daß die Dekompression auf einzelnen - willkürlich gewählten - Tiefenstufen durchgeführt wird. Auf einer Tiefenstufe muß solange verweilt werden, bis zur nächst höheren aufgestiegen werden kann, ohne daß dabei der noch tolerierte Inertgasüberdruck des Leitgewebes überschritten wird.

Es kommt öfter vor, daß sich das Leitgewebe beim Aufstieg oder während eines Dekostopps ändert. In diesem Fall wird ein langsameres Kompartiment bestimmend. Dadurch kann es passieren, daß zu Beginn des Aufstiegs noch keine Dekopause vom Tauchcomputer angezeigt wird, im Laufe des Aufstiegs aber dann doch ein Dekostopp gefordert wird. Dies ist auf den ersten Blick etwas irritierend, aber dennoch richtig und bedeutet keine Fehlfunktion des Tauchcomputers ! ( Beispiel zu diesem Phänomen )

Es müssen relativ viele Kompartimente mit unterschiedlichen Halbwertszeiten berücksichtigt werden, damit die Dekompression möglichst risikoarm, aber auch zeitsparend sowohl für Tauchgänge von nur wenigen Minuten Dauer als auch für solche von mehreren Tagen (für uns Sporttaucher natürlich unwichtig) berechnet werden kann.



4.  Kurze Bemerkung zu Dekompressionstabellen

Die bei uns gebrächlichen Austauchtabellen ,,Deco '92`` wurden von Dr. Max Hahn berechnet (mittlerweile gibt es den Nachfolger ,,Deco 2000``). Solche Tabellen kennen natürlich nicht das reale Tauchgangs-Profil. Deshalb wird bei ihrer Berechnung immer von einem ,,Rechteck-Profil`` ausgegangen. Wie uns Max Hahn mitteilte, werden in den Tabellen ,,Deco '92`` allerdings endliche Ab- und Aufstiegszeiten (10m/min) berücksichtigt. Die Haltezeiten bei eventuell notwendigen Dekostopps sind aus praktischen Gründen "netto", d.h. die angegebene Zeit muss in der jeweiligen Tiefe gewartet werden. Dieses Vorgehen ist einfacher mit der Uhr zu kontrollieren, als noch einen Teil der Aufstiegsrampe in die Stufenzeit mit einzubeziehen. Da man in der Regel aber nicht die gesamte Zeit auf der tiefsten Tiefe verbringt, sondern diese zu Beginn des Tauchgangs aufsucht, um dann langsam höher zu steigen, sind die Gewebe beim realen Tauchgangs-Profil nicht so stark gesättigt, wie bei dem angenommenen Rechteck-Profil der Tabelle. Dadurch ist man bei Verwendung einer Austauchtabelle immer auf der sicheren Seite (wenn man sie korrekt anwendet ! :-) ) ! Anmerkung : Dies gilt prinzipiell für jede beliebige Austauchtabelle, nicht nur für die ,,Deco '92`` bzw. den Nachfolger ,,Deco 2000`` !

Der Tauchcomputer wird also immer eine längere Nullzeit und eine kürzere Dekompression anzeigen als die Tabelle es fordert. Trotzdem muß das nicht bedeuten, daß das Austauchen nach dem Tauchcomputer mit einem höheren Risiko behaftet ist als das Austauchen nach Tabelle.

Warum eigentlich beginnen die Tabellen ,,Deco '92`` erst bei einer Tiefe von 9 Metern ? Sowohl bei 9 m als auch bei 12 m sind noch keine Dekostopps notwendig, erst bei einer Tiefe von 15 m ist bei einer Grundzeit länger als 64 min ein dreiminütiger Stopp auf 3 m notwendig (Nullzeit nach Tabelle hier 72 min). Sicher wird kaum ein Sporttaucher so lange auf dieser Tiefe bleiben bzw. bleiben können. Der Tauchcomputer gibt in diesen Fällen eine ,,unendliche`` Nullzeit aus. Ist die Nullzeit oberhalb von 9 m wirklich unendlich lang ?

Nein, das ist sie nicht unbedingt. Aufgrund der mathematischen Natur der Sättigungs-Gleichung kann oberhalb von 7 m die Nullzeit nicht berechnet werden - das Argument des Logarithmus wird negativ, was nicht erlaubt ist (siehe Gleichung (5)). Dies liegt aber darin begründet, daß in geringer Tiefe die Nullzeit tatsächlich unendlich lang ist, da auch bei gesättigten Geweben bei einem direkten Aufstieg zur Oberfläche der noch tolerierte Umgebungsdruck nicht unterschritten wird.

Allerdings sind die Tabellen nun einmal in 3 m Schritten berechnet und die erste Tiefe, für die die Nullzeit dann berechnet werden kann, ist eben eine Tiefe von 9 m.



5.  Fliegen nach dem Tauchen

Beim Fliegen haben wir nun das Phänomen, daß der Umgebungsdruck beim Start nach dem Abheben des Flugzeugs sehr schnell sinkt. Wird dabei der noch zulässige Überdruck in einem Gewebe überschritten, so ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Symptomen der Deko-Krankheit zu rechnen.

Damit dies wiederum nicht geschieht, muß nach dem Tauchen ,,genügend`` lange gewartet werden - die sogenannte ,,Flugverbotszeit`` muß eingehalten werden. Erst nach Ablauf dieser Zeit sollte wieder geflogen werden. Die meisten Tauchcomputer geben eine Flugverbotszeit an und sei es, daß diese mit der Entsättigungszeit übereinstimmt. Unterschiedliche Tauchcomputer geben teilweise sehr verschiedene Flugverbotszeiten an. Es stellt sich deshalb die Frage, wie die Flugverbotszeit berechnet werden kann, und weiterhin, warum so große Differenzen bei den Flugverbotszeiten verschiedener Tauchcomputer auftreten.

Nach Bühlmann gibt die Flugverbotszeit die Zeitspanne an, nach deren Vergehen sich auch das langsamste Gewebe soweit entsättigt hat, daß bei einer sofortigen Senkung des Umgebungsdruckes auf einen bestimmten Wert der von diesem Gewebe tolerierte Überdruck nicht überschritten wird.
- Schwieriger Satz ! :-) -

Dieser bestimmte Wert entspricht im Normalfall in der Flugzeugkabine einem Druck entsprechend einer Höhe von 2000 m. In einem Notfall kann er auch auf den Umgebungsdruck absinken. Deshalb wird aus Sicherheitsgründen ein Druck entsprechend 4200 m Höhe zur Berechnung der Flugverbotszeit verwendet. Die Aladin-Computer verwenden aus Sicherheitsgründen sogar 4800 m. Aber . . .

Nun ein kleines Beispiel zur Verwirrung - nein, zum Nachdenken ! : nach einem Tauchgang zeigt der Aladin Air X eine Flugverbotszeit von 9 h an. Der Scubapro DC12 des Partners fordert aber 24 h Flugverbotszeit. Das Programm TAUSIM errechnet für diesen Tauchgang 17 h Flugverbotszeit. (Bei Berücksichtigung eines Druckes entsprechend 2000 m Höhe ergäbe sich für das obige Beispiel übrigens nur eine Flugverbotszeit von 13 Minuten !) Was ist nun richtig ???

Um die Verwirrung noch etwas zu steigern, muß angemerkt werden, daß die von dem Programm TAUSIM berechneten 17 h ebenfalls nicht die ,,Wahrheit`` sind - nicht einmal im Rahmen des Modells ZH-L16 ! Das liegt daran, daß bei längeren und/oder tieferen Tauchgangs-Simulationen das Problem entsteht, daß aufgrund der mathematischen Natur des Bühlmannschen Modells bei den langsamen Geweben negative Werte für das Argument des Logarithmus auftauchen. Da negative Werte für das Argument des Logarithmus nicht erlaubt sind, können diese Gewebe auch nicht für die Berechnung der Flugverbotszeit herangezogen werden. So wird die Flugverbotszeit nach dem langsamsten Gewebe berechnet, daß gerade noch ein positives Argument für den Logarithmus liefert. Diese Zeit wird dann vom Programm angegeben. Das bedeutet aber, daß die tatsächliche Flugverbotszeit noch länger ist, sie aber aus oben genannten Gründen nicht berechnet werden kann !

Deshalb muß gerade bei längerer Tauchdauer davon ausgegangen werden, daß die tatsächliche Flugverbotszeit länger als der angezeigte Wert ist (weil sich bei einem solchen Tauchgang die langsameren Gewebe entsprechend stärker sättigen). Aus diesem Grunde gibt TAUSIM bei der Flugverbotszeit zusätzlich an, welche Gewebe zur Berechnung der Flugverbotszeit herangezogen werden konnten - wenn weniger als 16 Gewebe ein positives Argument für den Logarithmus liefern, dann ist die ,,wahre`` Flugverbotszeit also noch (wesentlich) länger als die angezeigte.

Weiter oben wurde aber doch erwähnt, daß die Aladin-Tauchcomputer mit einem Druck entsprechend 4800 m Höhe rechnen - der Sicherheit wegen. Wieso ist die angezeigte Flugverbotszeit mit 9 h dann deutlich geringer, wo sie doch auf jeden Fall länger sein sollte (als die Flugverbotszeit berechnet mit einem Druck entsprechend 4200 m Höhe) ??? Das liegt daran, daß die Aladin-Tauchcomputer nicht das langsamste Gewebe zur Berechnung heranziehen, sondern nur eines der mittelschnellen.

Bei durch zu frühem Fliegen aufgetretenen Symptomen der Deko-Krankheit handelt es sich bei den betroffenen Geweben (hauptsächlich oder nur ???) um die mittelschnellen Kompartimente.

So kann Uwatec mit 4800 m und damit mehr Sicherheit Werbung machen, trotzdem fällt die Flugverbotszeit recht kurz aus. Da das Modell ZH-L8ADT laut Uwatec sicherer (konservativer, besonders bei Wiederholungs-Tauchgängen) ist als das Modell ZH-L16, kommt man auch kaum auf die Idee, daß die von den Aladin-Tauchcomputer angezeigten Flugverbotszeiten vielleicht doch ein wenig kurz geraten sind !? Leider steht in der Betriebsanleitung der Aladin-Tauchcomputer nichts darüber, welche Kompartimente zur Berechnung der Flugverbotszeit herangezogen werden! :-(

Wie sieht es hingegen beim DC12 von Scubapro aus ? Der berechnet die Flugverbotszeit nicht gesondert, sondern gibt als Flugverbotszeit einfach die Entsättigungszeit aus. Da bei der Berechnung der Flugverbotszeit nach dem Modell ZH-L16 praktisch bei jedem Tauchgang zumindest die langsamsten vier Kompartimente nicht berücksichtigt werden können, ist die ,,wahre`` Flugverbotszeit auf jeden Fall länger als die von TAUSIM berechnete. Wenn also als Flugverbotszeit vereinfacht die Entsättigungszeit angenommen wird, so befindet man sich immer auf der sicheren Seite ! Das bedeutet aber auch, daß die Flugverbotszeit bei diesem Vorgehen während eines Tauchurlaubes, bei dem über mehrere Tage hinweg zwei bis drei - oder manchmal sogar noch mehr ! - Tauchgänge pro Tag unternommen werden, deutlich länger als 24 h ausfallen kann ! Wer ist bereit, bei einem einwöchigen Tauchurlaub die letzten zwei Tage nicht mehr zu tauchen ???

Wie behandeln andere Hersteller von Tauchcomputern diese Problematik ??? Bei diesbezüglichen Anfragen halten sie sich gerne bedeckt und verweisen darauf, dies sei Betriebsgeheimnis oder geben Allgemeinplätze von sich (z.B. ,,modifizierter`` Haldane-Algorithmus - was heißt hier "modifiziert" ?, inwiefern ?, von wem ?). Dies ist das dunkle Kapitel der Tauchcomputer bzw. der Hersteller (und bedeutet ein deutliches Sicherheitsrisiko für jeden Taucher) ! :-(

Wie uns Max Hahn mitteilte sind die von manchen Tauchcomputern ausgegebenen Flugverbotszeiten mehr durch die strenge US-amerikanische Produkthaftung und damit durch die Empfehlungen der US-dominierten ,,Undersea and Hyperbaric Medical Society`` (UHMS) geprägt als durch experimentelle Erfahrungen. Laut Max Hahn sind die früher von Bühlmann angegebenen Flugverbotszeiten zu kurz. Für vernachlässigbares Restrisiko sollte man ca. 60% der von DC12/TRAC angegebenen Flugverbotszeit einhalten.

Ebenso ist die Angabe einer ,,Totalentsättigungszeit`` nach Max Hahn weitgehend willkürlich, weil sie empfindlich von der Zahlendarstellung im jeweiligen Tauchcomputer abhängt. Sorgfältige Abwägung aller experimentellen Daten führte zu folgender Regel Max Hahns : Wer fliegen darf, ist auch (N2-) ,,clean``.



6.  Die Grenzen des Modells

Oben auf dieser Seite haben wir angenommen, daß wir uns auf Meeresniveau in Norditalien befinden. Weil die Harpunettis im Meer schon so vieles weggeschossen haben, kommen wir auf die Idee, in einem klaren Alpensee unseren nächsten Tauchgang zu unternehmen. :-) Kein Problem, da unser Tauchcomputer natürlich auch über ein ,,Bergsee-Programm`` verfügt !

Unser Körper ist also entsprechend Meereshöhe mit N2 gesättigt als wir uns auf den Weg in die Alpen zu unserem Bergsee machen. Wenn wir nun bergauf fahren, ist das eine ähnliche Situation, als wenn wir gegen Ende eines Tauchgangs auftauchen - der Umgebungsdruck sinkt schneller als unser Körper N2 abgeben kann.

Nehmen wir nun weiter an, der See liege auf 1500 m Höhe und wir hätten eine Anfahrt von 8 h hinter uns. Bei Verwendung des Modells ZH-L16 tritt jetzt die interessante Tatsache ein, daß - wir stehen noch am Ufer und sind noch nicht im Wasser ! - nun alle 16 Kompartimente für die Berechnung der Flugverbotszeit zur Verfügung stehen, also das langsamste Kompartiment berücksichtigt werden kann ! Es ergibt sich eine berechnete Flugverbotszeit von 5 h 10 min (die Entsättigungszeit beträgt jetzt über 33 h) ! Wir dürften also erst nach 5 h wieder fliegen - obwohl wir noch gar nicht getaucht sind, sondern bis jetzt nur den Berg hoch gefahren sind !!! :-) Niemand würde auf den Gedanken kommen, daß diese Flugverbotszeit auch nur entfernt vernünftig sein könnte !

Wenn wir nun doch noch ins Wasser steigen und einen knapp 20 minütigen Tauchgang auf 10 m machen und anschliessend langsam wieder auftauchen, dann können jetzt auch noch alle 16 Kompartimente berücksichtigt werden - aber die Entsättigungszeit ist mehr als viermal so lang wie die Flugverbotszeit (bei Druck entsprechend 4200 m) ! Wenn nun also die Entsättigungszeit als Flugverbotszeit angenommen wird geht es erst recht voll daneben !

Dieses Bergsee-Beispiel wurde berechnet unter der Annahme, daß Aufsättigung und Entsättigung gleich schnell vonstatten gehen (Rechts-Links-Shunt nicht vorhanden), was nicht realistisch ist. Wenn der Rechts-Links-Shunt berücksichtigt wird, werden Entsättigungszeit und Flugverbotszeit noch länger.

Hier zeigen sich ganz klar die Grenzen des Bühlmannschen Modells. Es darf allerdings auch nicht ernsthaft angenommen werden, daß ein so einfaches Modell die Aufsättigungs- bzw. Entsättigungs-Vorgänge im menschlichen Körper vollständig widerspiegelt. Im Normalfall leistet das Bühlmannsche Modell sehr gute Dienste !


Fazit: Niemals einfach alles glauben, was einem der Tauchcomputer so anzeigt ! Das gilt besonders dann, wenn es uns gut in den Kram passt (kurze oder sogar gar keine angezeigte Flugverbotszeit). Bei der Flugverbotszeit liegt es an uns selbst, diesen Wert freiwillig zu unserer eigenen Sicherheit zu verlängern. Am besten am letzten Tag vor dem Rückflug gar nicht mehr tauchen, dann ist man auf der ganz sicheren Seite ! Lieber heute auf einen weiteren Tauchgang verzichten als morgen in die Druckkammer eingeliefert zu werden !



7.  Verwendung von Nitrox als Atemgas anstelle von Luft

Als Nitrox wird ein Atemgas bezeichnet, dessen O2-Anteil höher und dessen N2-Anteil niedriger als in Luft ist (prinzipiell ist Luft auch ein Nitrox-Gemisch - eben mit 21 Prozent O2 und 79 Prozent N2). Der Stickstoff ist für die Dekompressions-Krankheit (und den Tiefenrausch) verantwortlich. Wird nun im Atemgas der N2-Anteil erniedrigt, ergeben sich folgende Vorteile gegenüber Luft als Atemgas (bei gleichem Tauchgangs-Profil):

Der Nachteil besteht darin, daß nicht so tief wie mit Luft getaucht werden darf, da der O2-Anteil höher ist und nun der kritische O2-Partialdruck, ab dem O2 giftig wird, schneller erreicht wird. Nitrox kann nicht mit einem normalen Kompressor abgefüllt werden, sondern bedarf eines größeren apparativen Aufwands, weshalb Nitrox teurer als Pressluft ist. Schließlich muß vor jedem Tauchgang der O2-Anteil überprüft werden und dieser am Tauchcomputer eingestellt werden (sofern der Tauchcomputer Nitrox-tauglich ist).

Die gebräuchlichsten Nitrox-Gemische sind NOAA Nitrox I (32% O2, 68% N2) und NOAA Nitrox II (36% O2, 64% N2, daneben gibt es noch weitere ,,Standard``-Gemische.

Obwohl Luft letztlich auch ein Nitrox-Gemisch ist, müssen bei Verwendung von Nitrox-Atemgasgemischen einige Dinge zusätzlich berücksichtigt werden (die bei unserer Luft-Tauchausbildung ,,vergessen`` wurden :-) ).

7.1  Maximale Tauchtiefe (MOD - maximum operation depth)

Obwohl der Sauerstoff lebensnotwendig für uns ist, wird er dennoch bei zu hoher Konzentration für uns auch (lebens)gefährlich. Die maximale Tauchtiefe (MOD) ist dann erreicht, wenn der O2-Partialdruck die obere Grenze erreicht. In warmem Wasser und ohne Anstrengung kann für diesen kritischen O2-Partialdruck 1,6 bar angesetzt werden, bei kaltem Wasser und/oder Anstrengung vermindert sich dieser auf 1,4 bar. Je nachdem, welches Nitrox-Gemisch verwendet wird, ergibt sich somit auch eine andere MOD. Deshalb muß auch vor jedem Nitrox-TG der O2-Anteil bestimmt werden. Das relevante Gesetz in diesem Fall ist das Daltonsche Gesetz: Der Gesamtdruck ergibt sich aus der Summe der Teildrücke der einzelnen Komponenten des Gases. Daraus leitet sich für unseren Fall ab: Der Partialdruck einer Gaskomponente ergibt sich aus dem Gesamtdruck multipliziert mit dem Anteil dieser Komponente in dem Gasgemisch.

p · fO2 = pO2
(6)

wobei die verwendeten Symbole die folgenden Bedeutungen haben:

p - Gesamtdruck
fO2 - O2-Anteil im Atemgas
pO2 - O2-Partialdruck im Atemgas

Um nun die MOD ausrechnen zu können, muß (6) nach p umgestellt werden:

p = pO2
fO2
(7)

Für pO2 ist der maximal zulässige O2-Partialdruck einzusetzen (also entweder 1,4 bar oder 1,6 bar) und für fO2 der O2-Anteil des gewünschten Nitrox-Gemisches (z.B. 0,36 bei Nitrox II). Erhalten wird dann der maximale Umgebungsdruck (MOP - maximum operation pressure), der noch in die entsprechende Tiefe umgerechnet werden muß:

MOD = (MOP - 1 bar) · 10 m/bar
(8)

Für Luft ergibt sich hier eine Tiefe von ca. 66m, für Nitrox I eine MOD von ca. 40m und für Nitrox II beträgt die MOD ca. 34m, wenn man einen kritischen O2-Partialdruck von 1.6 bar ansetzt.

7.2  Optimaler Sauerstoff-Anteil im Atemgasgmisch (Best Mix)

Um eine lange Nullzeit zu erreichen muß der N2-Anteil möglichst gering sein, entsprechend der O2-Anteil hoch. Je nach der gewünschten max. Tauchtiefe darf aber auch der max. O2-Partialdruck nicht überschritten werden. Der "Best Mix" gibt nun den O2-Anteil an, bei dem auf der max. Tauchtiefe der max. O2-Partialdruck erreicht wird. Dazu wird (6) nach fO2 umgestellt:

fO2 = pO2
p
(9)

Für p ist der Druck in bar auf der max. Tauchtiefe einzusetzen.

7.3  Äquivalente Lufttiefe (EAD - equivalent air depth)

Bei gegebener Tiefe ist der N2-Partialdruck bei Verwendung von Luft als Atemgas größer als bei Verwendung eines Nitrox-Gemisches mit einem kleineren N2-Anteil als in Luft. Wenn wir anders herum den N2-Partialdruck vorgeben, erhalten wir bei Verwendung von Luft als Atemgas eine geringere Tiefe, bei der dieser N2-Partialdruck erreicht wird, als bei Nitrox als Atemgas.

Dieser Umstand ist bedeutsam, wenn wir einen Nitrox-TG planen und nur eine Deko-Tabelle zur Verfügung haben, die für Luft als Atemgas berechnet wurde --- was normalerweise der Fall sein wird (auch müßte ansonsten für jedes Nitrox-Gemisch eine eigene Tabelle berechnet und dann auch immer bereitgehalten werden). Nachdem die äquivalente Lufttiefe EAD berechnet wurde, kann auch ein Nitrox-TG mit einer Luft-Deko-Tabelle geplant werden. Die für diesen Zweck zur Anwendung kommende Formel lautet:

EAP = fN2(Nitrox)
fN2(Luft)
· p
(10)

wobei EAP (equivalent air pressure) den äquivalenten Gesamtdruck darstellt, der anschließend in die EAD umgerechnet werden muß:

EAD = (EAP - 1 bar) · 10 m/bar
(11)

Da der N2-Anteil in Luft immer größer als in einem Nitrox-Gemisch ist, ist das Verhältnis fN2(Nitrox) / fN2(Luft) immer kleiner als 1. Deshalb ist die EAD ebenfalls immer geringer als die tatsächliche Tiefe.

In den meisten Büchern und Ausbildungsmaterialien wird (10) vereinfacht als

EAP = fN2
0,79
· p
(12)

dargestellt. Dies ist natülich ,,richtig``, aber ab und zu (im Magazin ,,Divemaster`` leider häufiger) treten auch Druckfehler auf. Wird nun anstatt fN2(Luft) einfach der Zahlenwert 0,79 abgedruckt oder gar die Ziffern verdreht als 0,97 - wie im ,,Divemaster``, Heft 1/98, S. 37, 38 geschehen ! - angegeben, dann ist nicht sofort klar, woher die 0,79 kommen bzw. man gelangt zu vollkommen falschen Ergebnissen ! Deshalb sollte die Formel zum besseren Verständnis immer in der Form (10) angegeben werden.


Das Modell ZH-L16 ist ohne Einschränkung auch für Nitrox als Atemgas verwendbar.



8.  Funktionsweise von Tauchcomputern - Ein algorithmischer Streifzug

In diesem Abschnitt soll ein algorithmischer Überblick über das Dekompressionsmodell ZH-L16 gegeben werden. Genauere Zusammenhänge und die Herleitung dieses Modells können dem Buch von Bühlmann entnommen werden. Weitere Informationen zu den ,,Haldane-artigen`` Simulationsmodellen können z.B. in The Physiology and Medicine of Diving gefunden werden.
Zu Beginn eines jeden Abschnitts fassen wir noch einmal die schon bekannten Zusammenhänge sehr kurz zusammen. Die verwendeten Algorithmen werden in einem PASCAL-artigen Pseudocode beschrieben, da wir diese Art der Beschreibung von Algorithmen am geeignetsten halten.

8.1  Ein Überblick

Das Modell ZH-L16 kann grob in zwei verschiedene Bereiche aufgeteilt werden.

  1. Berechnung - im folgenden wird der Begriff ,,Berechnung`` als Synonym für Simulation / Näherung verwendet - der Inertgasgehalte in den Körpergeweben.

  2. Bestimmung des maximal tolerierten Überdrucks der Inertgase in den Körpergeweben.

8.2  Berechnung der Inertgasgehalte

Herrscht ein Druckgefälle (Gradient) zwischen dem Inertgasdruck in der Lunge und dem Inertgasdruck in den Körpergeweben, so findet ein Druckausgleich statt.

Dabei wird angenommen, daß es für jedes unterschiedene Gewebe (Kompartiment) eine charakteristische Geschwindigkeit gibt, mit der sich die Inertgasaufnahme und -abgabe vollzieht. (Deshalb wird auch oft von ,,schnellen`` und "langsamen" Geweben gesprochen.) Weiterhin wird beim Modell ZH-L16 davon ausgegangen, daß zwischen Geweben mit verschiedenen Inertgasdrücken kein Druckausgleich stattfindet.

Der Vorgang dieses Druckausgleichs kann leicht mit einer linearen Differentialgleichung beschrieben werden, deren Lösung eine Exponentialfunktion ergibt:

pt. i.g. (tE) = pt. i.g. (t0) + [pI i.g. - pt. i.g. (t0)] ·[1 - 2-tE / t1/2]
(3)

wobei die verwendeten Symbole die folgenden Bedeutungen haben:

pt. i.g. (t0) - Inertgasdruck im Gewebe zu Beginn der Exposition
pt. i.g. (tE) - Inertgasdruck im Gewebe am Ende der Exposition
pI i.g. - Inertgasdruck im Atemgas
tE - Expositionszeit in Minuten
t1/2 - Halbwertszeit in Minuten

Obwohl die oben angegebene Gleichung nur für einen konstanten Inertgasüberdruck (und damit nur für eine konstante Tauchtiefe) zulässig ist, kann sie doch zur Simulation eines beliebigen Tauchgangs verwendet werden. Die Idee, die sehr oft in den Verfahren der numerischen Mathematik eingesetzt wird, ist einfach zu verstehen. Angenommen wir messen den Druck sehr oft, dann ändert er sich kaum/nicht und wir können den Inertgasdruck der Gewebe mit obiger Gleichung ausrechnen. Wenn wir diese Methode oft genug durchführen, erhalten wir eine gute Näherung des echten Inertgasdruckverlaufs in den Geweben, die um so besser wird, je kleiner die Zeitdifferenzen zwischen den Messungen sind. Anschaulich bedeutet dies nichts anderes, als daß das Tauchgangsprofil durch extrem kleine ,,Treppenstufen`` angenähert wird (Siehe Abbildung ) und die einzelnen Treppenstufen mit obiger Exponentialfunktion bearbeitet werden.

Nachdem die theoretischen Grundlagen zur Bestimmung des Inertgasgehalts in den Geweben kurz angerissen wurden, kommen wir nun zu der Beschreibung des Algorithmus' selbst. Dabei gehen wir davon aus, daß der Taucher zu Beginn der Simulation vollständig mit den Inertgasen des Atemgases gesättigt ist.

Vollständige Simulation des Tauchgangs:

FORALL (Gewebe Gi) DO
       FORALL (Inertgas Ij) DO
             /* Ist z.B. Ij = N2, dann ist der Teildruck von N2 = 0.79 bar (wenn Luft das Atemgas ist) */
             Setze Druck für Ij in Gi auf den Teildruck des Inertgases Ij im aktuellen Atemgas;
             Bestimme aus den Halbwertszeiten des Inertgases Ij die Toleranzkoeffizienten a und b für das Gewebe Gi;
      END FORALL;
END FORALL;

WHILE (Simulation noch nicht zu Ende) DO
       Messe den aktuellen Umgebungsdruck;
       Überwache Aufstiegsgeschwindigkeit durch die Umgebungsdruckänderung;
       FORALL (Gewebe Gi) DO
             Berechne den neuen Gehalt aller Inertgase für Gi;
             IF (Gewebe nicht dekompressionspflichtig) THEN
                   Berechne Nullzeit für Gewebe Gi;
             ELSE
                   Berechne nächste Dekompressionsstufe;
             END IF
       END FORALL;
       IF (alle Gewebe in der Nullzeit) THEN
             Minimum aller Nullzeiten ermitteln (kürzeste Nullzeit ist für Taucher maßgebend);
       ELSE
             Tiefe und Verweildauer auf der ersten (untersten) Dekompressionsstufe berechnen;
       END IF;
       Warte einen kleinen Zeitraum Dt;
END WHILE.

Beispiel-Profil

Beispielhafte Näherung eines Druckprofils

Die Bestimmung der Toleranzkoeffizienten a und b für jede Halbwertszeit bzw. Gewebe- und Inertgaskombination kann entweder vollständig algorithmisch geschehen oder die entsprechenden Parameter können in Tabellen im Programm selbst abgelegt werden. Im Bühlmannschen Buch werden beide Möglichkeiten beschrieben. Die Berechnung der Parameter a und b wird für die Inertgase N2 und He durch einfache Formeln beschrieben. Gleichzeitig sind diese Parameter für ein geeignetes Spektrum von Halbwertszeiten für Stickstoff und Helium vertafelt. Diese Tabellen sind auch für den direkten Einsatz in Tauchcomputern ausgelegt. (Für Stickstoff werden beim Parameter a drei verschieden Parametersätze angegeben, für Helium wird nicht weiter unterschieden.)

Berechnung der Parameter a und b für tN21/2:

a := 2.0bar (tN21/2)-1/3;
b := 1.005 - (tN21/2)-1/2;

Noch ein Wort dazu, wann die Simulation beendet werden kann. Erreicht ein Taucher nach einem Tauchgang die Oberfläche, sind seine Gewebe noch mit den verwendeten (geatmeten) Inertgasen teilweise gesättigt. Diese Teilsättigung der Gewebe entspricht im Groben den Wiederholungsgruppen wie man sie von der Verwendung von Austauchtabellen her kennt. Aus diesem Grund darf die Simulation des Tauchgangs nicht mit Erreichen der Oberfläche beendet werden. Stattdessen geht man davon aus, daß der Taucher bei Oberflächendruck ,,weitertaucht``. Damit simuliert man den Entsättigungsvorgang, der an der Oberfläche stattfindet. Die Simulation kann beendet werden, wenn alle Gewebe soweit entsättigt sind, daß ,,sicher`` geflogen werden kann. Wie schon erwähnt, werden dazu bei Tauchcomputern verschiedener Hersteller verschiedenste Kriterien verwendet.

Der Umgebungsdruck wird in Tauchcomputern durch sehr genaue Drucksensoren gemessen. Bei einem Simulationsprogramm wie z.B. Tausim werden die Druckdaten direkt aus dem eingegebenen Profil berechnet. Dabei ist noch zu berücksichten, daß der Oberflächendruck mit der Höhe über NN zusammenhängt.

Nun wird nach Verstreichen von Dt mit Formel 3 der neue Gehalt für jedes Inertgas in jedem Gewebe neu berechnet. Wenn Dt ausreichend klein gewählt wird, ergibt dies eine Näherung, die der Wirklichkeit genau genug nahekommt. Man kann sich auch vorstellen, daß jeder Tauchgang einem Multilevel-Tauchgang entspricht mit extrem vielen Leveln, die sehr kurz dauern und von denen angenommen wird, daß in dieser Zeit die Tauchtiefe (d.h. genauer der Umgebungsdruck) konstant bleibt.
Um eine genaue Simulation zu erzielen, muß man auch noch eine erschwerte Abgabe von Inertgasen durch Mikrogasblasen in der Lunge berücksichtigen. Dieser Effekt wird als intrapulmonaler Rechts-links-Shunt bezeichnet und wird beim Dekompressionsmodell ZH-L16 nicht berücksichtigt. Erst das verbesserte Modell ZH-L8ADT bezieht solche Effekte mit in die Simulation ein. Leider ist diese Technik im Buch von Bühlmann nicht genau beschrieben. (Sollte hier jemand genaue Hinweise (Veröffentlichungen, etc.) geben können, so bitten wir dringend um eine kurze Mitteilung.)

Nun wird, entsprechend dem Modell ZH-L16, der neue Gehalt jedes Inertgases im Körpergewebe berechnet. Dazu wird, wie schon weiter oben beschrieben, Gleichung 3 verwendet.

Berechne den neuen Gehalt aller Inertgase für Gi:

FORALL (Inertgas Ij) DO
       Berechne aktuellen Inertgasdruck pIj im Atemgas;
       Berechne neuen Gehalt des Inertgases Ij in Gewebe Gi mit Halbwertszeit tIj1/2 nach Formel 3
END FORALL;

8.3  Bestimmung des maximal tolerierten Überdrucks

Für jedes Gewebe kann für jedes Inertgas ein gerade noch tolerierter Umgebungsdruck berechnet werden, der nicht unterschritten werden darf, da sonst Symptome der Dekompressionskrankheit zu erwarten sind. Bei Bühlmann findet sich der folgende einfache Zusammenhang:

pamb. tol. = (pt. i.g. - a) ·b
(1)

beziehungsweise

pt. tol. i.g. = (pamb / b) + a
(2)

wobei

pamb. tol. - vom Gewebe noch tolerierter Umgebungsdruck
pt. i.g. - Inertgasdruck im Gewebe
pt. tol. i.g. - noch tolerierter Inertgas(über)druck im Gewebe
pamb - momentaner Umgebungsdruck
a, b - Parameter des Modells ZH-L16 für jedes Gewebe

Die Nullzeit ist nun die Zeit, die der Taucher (bzw. das Gewebe) noch im aktuellen Druck verbleiben darf, bis er soweit gesättigt ist, daß der gerade noch tolerierte Inertgasdruck (also der Inertgasdruck an der Oberfläche) erreicht wird. Bleibt er länger, sättigt er sich soweit auf, daß an der Oberfläche ein höherer Teildruck des Inertgases herrscht als noch (durch die Gewebe) zu tolerieren ist. D.h. das Auftreten der Dekompressionskrankheit wird sehr wahrscheinlich.

Mit einer ähnlichen Vorgehensweise können die Dekompressionsstufen berechnet werden. Ist ein Gewebe außerhalb der Nullzeit, so ergibt sich die nächste Dekompressionsstufe durch den (niedrigeren) Druck zu dem man gerade noch aufsteigen darf, ohne den gerade noch tolerierten Teildruck des jeweiligen Inertgases zu unterschreiten. Die Dekostufe ist dann das Maximum aller solcher Drücke für alle Gewebe. Würde man weiter aufsteigen, so würde zumindest ein Gewebe unzulässig übersättigt sein, was wahrscheinlich zum Auftreten der Dekompressionskrankheit führen würde. In der Praxis werden die diesem Druck entsprechenden Tiefen gerne auf Vielfache von 3m aufgerundet. Zum einen, um noch einen Sicherheitszuschlag zu bekommen und zum anderen aus praktischen Gründen: Dekostufen in kleinerem Abstand wären extrem schwierig auszutauchen.

Es ist auch eine Dekompressionsberechnung ohne Dekostufen denkbar: Der Taucher hält sich immer genau bei dem Umgebungsdruck auf, der gerade noch vertretbar ist. Dieses kontinuierliche Dekomprimieren ist für Sporttaucher nicht oder nur extrem schwierig durchführbar, denn welcher Taucher kann schon immer sicher so exakt tarieren? Bei Wellengang wäre diese Variante des Austauchens sowieso schon unmöglich.

Eine simple Umformung von Gleichung (3) ergibt:

Nullzeit = -t1/2 ·log2 [ pI i.g. - pt.tol. i.g. (tE)
pI i.g. - pt. i.g. (t0)
]
(5)

pt.tol. i.g. (tE) - maximal tolerierter Inertgasüberdruck des Leitgewebes an der Oberfläche

Dem mathematisch vorbelasteten Leser fällt sofort auf, daß Gleichung (5) nicht immer gelöst werden kann. Im Fall, daß der Bruch kleiner oder gleich 0 wird, kann der Logarithmus nicht mehr berechnet werden. Nun kann man untersuchen, in welchen Fällen dies passiert. An dieser Stelle werden wir aus Einfachheitsgründen nur ein paar kurze Hinweise geben. Der Interessierte kann die Fallunterscheidungen leicht selbst durchführen.

Beim Tauchen in geringen Tiefen kann es passieren, daß der Umgebungsdruck des Inertgases auch noch bei Sättigung der Gewebe niedriger ist als der an der Oberfläche noch tolerierte maximale Druck. D.h. hält sich ein Gewebe unendlich lange in einer solchen Tiefe auf und ist damit vollständig gesättigt, kann immer noch direkt zur Oberfläche aufgestiegen werden. Damit ist die Nullzeit dieses Gewbes aber unendlich lang. Dies gilt zumindest für das Modell ZH-L16. Ob es noch weitere Phänomene gibt, die einen Taucher in diesem Fall doch dekompressionspflichtig machen, ist uns nicht bekannt (für Hinweise wären wir auf jeden Fall dankbar).

Ein weiterer Fall ist noch denkbar: Hält sich ein schon dekompressionspflichtiger Taucher in einer Tiefe auf, in der er sich noch immer weiter aufsättigt, d.h. der Teildruck der Inertgase im Gewebe ist kleiner als der Teildruck der Inertgase im Atemgas, so kann der Taucher niemals zurück in eine positive Nullzeit kommen. Mit anderen Worten: Der Taucher bleibt weiter dekompressionspflichtig und die gesamte Dekompressionzeit wird größer.

Berechne Nullzeit für Gewebe Gi:
BEGIN
       /* Siehe Gleichung (1) */
       Berechne den gerade noch tolerierten Teildruck des Inertgases für dieses Gewebe;
       Bestimme den aktuellen Teildruck des Inertgases im Atemgas;
       Berechne mit Gleichung (4) die Nullzeit für das Gewebe;
END;

Der Algorithmus von Berechne nächste Dekompressionsstufe kann mit obiger Beschreibung leicht aus einer verallgemeinerten Nullzeitberechnung gewonnen werden. In der Praxis bietet sich an, eine solche verallgemeinerter Berechnung zu entwickeln und die Nullzeitberechnung als Spezialfall (Aufsteigen zum Oberflächendruck) zu betrachten.



9.  Kleine Bemerkung zur Luftverbrauchs-Berechnung

Mittlerweile gibt es Tauchcomputer, die den Luftverbrauch in ihre Rechnungen mit einbeziehen und z.B. die verbleibende Grundzeit (VGZ) - englisch ,,remaining bottom time`` (RBT) - angeben. Dies ist insbesondere dann sehr nützlich, wenn Dekopausen auf verschiedenen Tiefenstufen notwendig sind. Da der Tauchcomputer den realen Luftverbrauch (das Atemminutenvolumen ist in der Regel während eines Tauchgangs nicht konstant !) berücksichtigen kann, kann die VGZ auch recht genau berechnet werden. Dieser Wert ist auf jeden Fall immer genauer als eine Luftverbrauchsrechnung ,,von Hand`` mit angenommenem Atemminutenvolumen. Dazu muß der Tauchcomputer natürlich zum einen wissen, welche Luftmenge zu Beginn des Tauchgangs vorhanden ist, und zum anderen muß der Druckabfall an der ersten Stufe genau gemessen werden können.

Dennoch muß bei keinem luftintegrierten Tauchcomputer das Flaschenvolumen eingegeben werden. Das wäre sogar sehr gefährlich, wenn man Tauchgänge mit verschieden großen Flaschen durchführt und vergißt, das korrekte Volumen einzugeben (was früher oder später unweigerlich passieren würde) ! Wie kann der Tauchcomputer dennoch die VGZ korrekt angeben, auch wenn er nicht die Flaschengröße kennt ?

Auch das ist nicht so schwierig, setzt aber eine sehr genaue Druckmessung an der ersten Stufe voraus (was mittlerweile kein technisches Problem mehr darstellt). Eine erste Angabe der VGZ erfolgt auch nicht sofort, sondern erst nach einiger Zeit. In den ersten Minuten des Tauchgangs ist der Druckabfall gegenüber dem Anfangsdruck in der Flasche sehr gering und der erste angegebene Wert für die VGZ ist nur eine sehr grobe Näherung, was aber überhaupt nichts macht - da die Flasche ja nach voll ist. Je mehr Luft im Laufe des Tauchgangs verbraucht wird, desto geringer wird der relative Fehler in der Differenz zwischen Anfangsdruck und momentanem Flaschendruck, und die Extrapolation der VGZ wird immer genauer.

Bei hohen Drücken kann Luft nicht mehr wie ein ideales Gas (keine Wechselwirkungen der Moleküle bzw. Atome untereinander) behandelt werden. Hier muß eine hinreichend genaue Zustandsgleichung für Luft bei hohen Drücken zur Anwendung kommen. Auch bei diesem Punkt schweigen sich die Hersteller aus. Als ich (Kai) auf der boot'97 in Düsseldorf am Uwatec-Stand hiernach fragte, wurde ich sogleich als Industrie-Spion verdächtigt ! :-) (Der freundliche Herr hinter der Theke meinte, er hätte mir schon zuviel gesagt, als er mir das Verfahren der Approximation der VGZ kurz erläuterte. Die von Uwatec verwendete Zustandsgleichung könne er mir nun beim besten Willen nicht nennen ! ,,Was meinen Sie, wieviele Industriespione hier herumlaufen !?``) Seit einiger Zeit kann man nun unter dem Punkt ,,Technik`` auf der Uwatec Homepage nachlesen, daß bei den Aladin Tauchcomputern die van der Waals-Gleichung verwendet wird.

Verglichen mit dem idealen Gasgesetz ist die Zustandsgleichung nach van der Waals eine Verbesserung. Hier werden die Teilchen als harte Kugeln betrachtet, die sich gegenseitig anziehen, wenn sie sich sehr nahe kommen. Mit der van der Waals-Gleichung ist zumindest eine qualitative beschreibung von realen Gasen möglich. Ingenieure verwenden gerne sogenannte empirische Zustandsgleichungen. Hier werden Parameter - die in der Regel bar jeder physikalischen Bedeutung sind - an experimentelle Daten angepaßt, so daß für ein gegebenes Gasgemisch eine sehr gute Beschreibung möglich ist.


10.  Einige Schlußbemerkungen

Anhand der Beschreibung des Modells ZH-L16 ist klar, daß teuer verkaufte Features von Tauchcomputern wie Bergseeanpassung und Nitrox-Tauglichkeit algorithmisch relativ leicht in den Griff zu bekommen sind. Bei der Bergseeanpassung läßt man den Tauchcomputer einfach immer mitrechnen. D.h. ein Aufsteigen zu einem Bergsee ist eine Verringerung des Umgebungsdrucks, vergleichbar mit dem Auftauchen (natürlich sind hier die Druckänderungen wesentlich kleiner - deshalb muss man beim Bergsteigen auch keine Nullzeiten und Dekostufen beachten). Bei der Nitroxberechnung muß lediglich die Konstante zur Umrechnung von Umgebungsdruck in Stickstoffteildruck durch eine veränderbare Variable ersetzt werden. Lediglich der mechanische Aufbau eines Tauchcomputers muß dann noch angepaßt werden, denn bei der Benutzung von Nitrox müssen ja alle Teile, die mit dem Atemgas in Kontakt gelangen, Sauerstoff-geeignet sein.

Insbesondere ist der Preisunterschied zwischen ,,Nullzeit``-Rechnern und ,,Deko``-Rechnern künstlich aufgebaut - denn auch ein "Nullzeit"-Rechner (wie z.B. der Aladin Sport von Uwatec) muß die Dekompressionsberechnung durchführen (sonst könnte er ja nicht vor zu schnellem weiterem Aufsteigen warnen!), es werden nur nicht alle Daten angezeigt.

Wie schon bemerkt, sind wir sehr an allen Belangen von Tauchcomputern interessiert. Deshalb noch einmal unsere Bitte: Sollte jemand genaueres zu den in Tauchcomputern verwendeten Modellen wissen, bitten wir darum, uns diese Informationen (Literatur, URL's etc.) zukommen zu lassen. Auch andere Dinge zum Thema Tauchcomputer sind von großem Interesse, z.B. die Datenformate der von verschiedenen Herstellern vertriebenen Computer.

Für Hinweise, Kritik und Korrekturen der sicherlich vorhandenen Fehler sind wir natürlich jederzeit offen. Auch Lob kann man uns zukommen lassen. Sollte dieser Text irgendwo weiterbenutzt werden (vielleicht mit Verbesserungen oder als englische Übersetzung) wären wir für eine kurze Mitteilung oder zwei Belegexemplare sehr dankbar.


11.  Literatur, Links

Links zu Herstellern von Tauchcomputern :


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